Migräne & kopfschmerz

Bis zu 20% aller Kinder haben bereits im Vorschulalter Kopfschmerzerfahrungen (Kopfschmerzen bei Kindern scheinen häufiger als früher aufzutreten), eine Broschüre ("Wenn Kinder Kopfschmerzen haben") der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, die sich v.a. an die Eltern wendet, ist von deren Homepage herunterladbar: www.dmkg.de. Sie informiert über die verschiedenen Kopfschmerzformen (Ursachen, Diagnostik, Therapie, Ernährung) und schließt mit Tipps für die Eltern und Fragebögen für Kinder und Eltern ab.


Meist wird es sich um so genannte primäre Kopfschmerzen handeln (dabei ist der Kopfschmerz selbst die Erkrankung, z.B. bei Migräne und Spannungskopfschmerz). Eine neurologische Untersuchung sollte einerseits bei regelmäßig auftretenden Kopfschmerzen erfolgen, andererseits möglichst umgehend bei begleitenden Symptomen wie z.B. hohem Fieber, starker Benommenheit, ganz plötzlich einsetzenden, heftigen Schmerzen oder gar einem erstmaligen Krampfanfall. Solche zusätzlichen Beschwerden könnten für einen sekundären Kopfschmerz sprechen, dabei ist der Schmerz das Symptom einer anderen Erkrankung, z.B. bei erhöhtem Hirndruck (s.u.) oder bei einer Hirnhautentzündung (meist mit Fieber und Nackensteifigkeit). Von der regelmäßigen Einnahme freiverkäuflicher Schmerzmittel ohne ärztliche Untersuchung ist natürlich abzuraten.


Die meisten Kinder mit Kopfschmerzen, die von einem Neurologen untersucht werden, haben eine Migräne (bis zu 10% aller Kinder zwischen 5 und 15 Jahren!), sie ist damit die häufigste kinderneurologische Krankheit (neben dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, das in den Grenzbereich zu den rein psychischen Erkrankungen fällt). Im Gegensatz zu Erwachsenen haben Kinder häufig auch beidseitige Migräne-Attacken, die kürzer anhalten und mitunter von Bauchschmerzen begleitet sind, Übelkeit und Erbrechen stehen oft im Vordergrund. Bei manchen Kindern äußert sich die Erkrankung nur in Form von Schwindelattacken (so genannter benigner paroxysmaler Schwindel) mit Übelkeit, also ganz ohne Kopfschmerz.

 

Manche Eltern sind mit dem Ausschluss einer ernsten Kopfschmerzursache bei ihrem Kind schon vollauf zufrieden. So beruhigend dies sicherlich ist, man bedenke aber, dass periodisch auftretende Kopfschmerzen die Lebensqualität eines Kindes stark beeinträchtigen können und dass migränekranke Kinder etwa doppelt so viele Schulfehltage haben wie andere. Von einem "Auswachsen" der Migräne kann keine Rede sein, unbehandelt besteht sie in ca. 50% im Erwachsenenalter fort! Es ist immer etwas zu machen, so sollte bei unzureichender Wirksamkeit einer ersten Therapie immer ein weiterer Behandlungsversuch unternommen werden.


Reichen zur Therapie Ruhe in einem abgedunkelten Zimmer, Schlaf (dieser beendet die Migräne-Attacke sehr häufig!), ein kühles Tuch auf die Stirn und andere bewährte "Hausmittel" nicht aus, so können nach ärztlicher Verordnung bei schwereren Migräne-Attacken Paracetamol oder Ibuprofen in altersgemäßer Dosierung eingenommen werden. Längerfristig ist die Ausschaltung auslösender Trigger-Faktoren (z.B. unregelmäßiger Schlaf, Stress, bestimmte Nahrungsmittel) genauso wichtig wie das Führen eines Migräne-Tagebuchs (hiermit beginnt im Grunde jede Kopfschmerz-Therapie), auch der gelassenere Umgang der Eltern mit der Migräne des eigenen Kindes führt meist zu einer nachlassenden Häufigkeit. Ausdauersport ist auf längere Sicht sinnvoll, sollte aber Spaß machen. Der Pestwurzextrakt kann als pflanzliches Mittel schon ab dem 6. Lebensjahr zur Migräne-Vorbeugung eingesetzt werden, aber auch dabei sind mögliche Nebenwirkungen zu berücksichtigen (nur als Extrakt in Kapselform einnehmen, ansonsten leberschädigend!).


Die nicht-medikamentöse Vorbeugung der Migräne ist bei Kindern von besonderer Bedeutung: In Frage kommen v.a. die progressive Muskelentspannung nach Jacobson (= progressive Relaxation) und Entspannungsverfahren mit Phantasiereisen. Beim Spannungskopfschmerz hat sich die TENS-Therapie (= transkutane elektrische Nervenstimulation) als "sanftes Behandlungsverfahren" zusätzlich bewährt, Kinder können dies ab dem 6. Lebensjahr lernen. Zwei Punkte sollten noch Beachtung finden: 1. Die Behandlung eines chronischen Kopfschmerzes - die meist eine Kombinationstherapie aus verschiedenen Verfahren ist - erfordert mehr Eigeninitiative (des Kindes und der Eltern) als heute in der Medizin üblich! 2. Bei starken Kopfschmerzen wird man nicht in jedem Fall erwarten können, dass einem Kind die so genannten sanften Therapiemethoden genauso gut helfen wie einem Erwachsenen die Medikamente, so sehr dies auch zu begrüßen wäre, d.h. Medikamente sollten bei Kindern zwar immer mit Bedacht eingesetzt werden, aber auch nicht zu restriktiv.


Ziel muss es immer sein, trotz einer möglicherweise angeborenen Kopfschmerzneigung weitgehend kopfschmerzfrei durchs Leben zu gehen, da muss jeder ganz individuell seine bekömmliche Lebensform finden, Umweltreize müssen vielleicht besser gefiltert werden, hier und da ist eine zusätzliche Pause vonnöten, auch müssen nicht alle Probleme gelöst werden, manche kann man ruhig vermeiden.

 

Weitere Informationen zur Migräne finden sich auf der hiesigen Homepage > Migräne>>> Weitere Links: Trotz ihrer Häufigkeit werden Kopfschmerzen bei Kindern im Internet noch etwas stiefmütterlich behandelt. Das Kopfschmerzforum der Deutschen Schmerzhilfe widmet sich in der Rubrik Kinder-Kopfschmerz diesem Thema: Viele Fakten für Eltern & Lehrer, auch Therapieempfehlungen unter www.kopfschmerzforum.de (D). Etliche Downloads für Kinder & Eltern und vieles mehr liefert die Website der Kinderklinik Datteln: www.schmerzen-bei-kindern.de (D). Unter www.achenet.org/kids (E) finden sich viele Informationen zum Thema Kids & Headache (nicht nur Migräne, auch Spannungskopfschmerz und "chronic daily headache" etc.), auch die World Headache Alliance bietet Seiten über Kopfschmerz bei Kindern an (Keyword > Children): www.w-h-a.org (E).