multiple sklerose

Die "MS" ist eine entzündliche (aber vielleicht später auch degenerative) Erkrankung des Nervensystems, in Gehirn und Rückenmark können so genannte Entmarkungsherde (Schäden an den Markscheiden, das sind die Hüllen der Nervenzellfortsätze, die Axone heißen) auftreten. Später können auch die Axone selbst Schaden leiden. Genau dies soll durch eine möglichst frühe Therapie verhindert werden. Verschiedene Unterformen mit vielleicht ganz unterschiedlichem Verlauf (auch einem günstigen!) werden gegewärtig von den Forschern diskutiert.

 

Die Ursache ist nicht definitiv geklärt, wahrscheinlich handelt es sich um eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Die Symptomatik kann vielfältig sein, am häufigsten sind Missempfindungen, Lähmungserscheinungen, Sehstörungen und Schwindel, auch Depressionen und eine gesteigerte Ermüdbarkeit kommen vor. Die Diagnose beruht auf dem Nachweis eines anfangs meist schubförmigen Verlaufes und der Kombination mehrerer Zusatzuntersuchungen: evozierte Potentiale, Magnetstimulation, Kernspintomographie und der Untersuchung des Liquors (= "Nervenwasser").

 

Die Mehrzahl der Patienten erkrankt in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren, Frauen sind häufiger betroffen (in einem Verhältnis von 2:1, vielleicht sogar 3:1), die Erkrankungshäufigkeit liegt in Deutschland bei 50 bis 170 pro 100000 Einwohner (in Japan z.B. nur bei 1:100000!), in Äquatornähe ist die MS selten.

 

In der Therapie wird zwischen der Schubbehandlung (meist mit Kortison-Hochdosis-Therapie für wenige Tage) und der Langzeittherapie (= Vorbeugung) unterschieden. Diese hat sich mit Einführung der Beta-Interferone verbessert. Deren Wirksamkeit auf Schubhäufigkeit, -schwere und kernspintomographische Veränderungen ist durch Studien belegt. Die Interferone müssen injiziert werden und können in der Anfangszeit zu grippeähnlichen Nebenwirkungen führen - eine Alternative ist Glatirameracetat. Der Einsatz eines Interferons oder von Glatirameracetat, auch immunmodulierende Therapie genannt, sollte v.a. bei Patienten erwogen werden, die in den letzten zwei Jahren mindestens zwei Schübe hatten, vielleicht auch schon nach dem ersten Schub. Diese Behandlung sollte keinesfalls zu spät einsetzen, um die oben erwähnten Schäden an den Axonen möglichst gering zu halten, denn axonale Läsionen können zu bleibenden Symptomen führen!

 

Fingolimod (die erste "Tablette gegen MS") ist in Deutschland zugelassen zur so genannten Eskalationstherapie, d.h. bei fortbestehender hoher Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit Interferon oder Glatirameracetat. Als Erstmedikament darf Fingolimod nur bei rasch fortschreitender, schwerer und schubförmiger MS eingesetzt werden. Teriflunomid (ebenfalls als Tablette) wurde 2013 zugelassen, Dimethylfumarat 2014, beide auch zur Ersttherapie. Fampridin ist ebenfalls neu: Bei gehbehinderten MS-Patienten kann es die Gehfähigkeit verbessern. Somit hat sich das Therapiespektrum bei der Multiplen Sklerose seit 2011 wieder erfreulich verbessert.

 

Mitoxantron, Natalizumab und Alemtuzumab stehen als Infusionstherapie zur Verfügung, dies als Option bei hoher Krankheitsaktivität trotz Therapie mit z.B. Interferon bzw. Glatirameracetat oder bei rasch fortschreitender Erkrankung. Die Behandlung von Muskelspastizität (evtl. Therapie mit Baclofen), Blasenstörungen, Depressionen (s.u.) etc. ergänzt die Therapie genauso wie die Krankengymnastik.

 

Die Wirksamkeit spezieller Diäten (z.B. Reduktion tierischer Fette) ist wissenschaftlich leider nicht belegt, aber nicht unsinnig, eine ausgewogene Ernährung ist wichtig. Eine Vielzahl alternativer Therapien wird angeboten, Erfolge in Einzelfällen lassen sich dabei meist nicht auf die Mehrzahl der Patienten übertragen. Immerhin bringt der schubförmige Verlauf öfters auch einen jahrelangen Stillstand einer Erkrankung mit sich, mit der es sich durchaus leben lässt. (INTERNET: www.dmsg.de = Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, www.multiple-sklerose-e-v.de = Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker, www.msif.org/de = World of Multiple Sclerosis, www.ms-und-kinderwunsch.de = Allgemeine Informationen zu Schwangerschaft, Geburt etc.)